Dienstag, 21. Juli 2009

Ja 'ne Bahnfahrt die ist lustig

Vorige Woche waren wir für zwei Tage und zwei Nächte in Bath. Bath ist, wer sich in britischer Geografie nicht so auskennt, eine hübsche kleine Stadt im Nordwesten Englands. Charmant und beschaulich kommt Bath daher und ist irgendwie so ganz typisch englisch. Also typisch im Sinne von "good old England", was die Überschwemmung mit amerikanischen Touristen erklären dürfte. Man kann sich vorstellen, dass sich seit den Zeiten als sich Jane Austen in den Wandelhallen der römischen Bäder erging und ihre Heroinen erdachte, nicht viel geändert hat (mal abgesehen von den amerikanischen Touristen).

Unsere Reisegesellschaft bestand aus dem kleinen Autofanatiker, dem Baby, meiner Mutter, meiner Schwester, meiner Nichte (2) und mir natürlich. Drei Erwachsene und drei Kinder sind zuviel für ein Auto und daher fuhren wir mit dem Zug getreu dem Motto "Eine Bahnfahrt die ist lustig, eine Bahnfahrt die ist schön, ja da kann man was erleben...". Manchmal vermisse ich die Tage, wo ich mich einfach in den Zug setzen konnte und mich um nicht viel kümmern musste. Jetzt verlangt schon das Packen des Koffers mehrere Tage Planung und so füllte sich der Rucksack, der einst meine gesamte Habe für einen siebenmonatigen Trip beherbergte, für unsere zweitätige Reise bis oben hin.

Meine Mutter und Schwester, die extra aus Deutschland angereist waren, hatten jeweils ebenfalls einen großen Koffer und so machten wir uns auf mit drei kleinen Kindern, drei großen Taschen, drei kleinen Taschen und zwei Buggys. Eine Prozession. Fast hätte ich erwartet, dass Leute am Straßenrand stehenbleiben und uns zuwinken.

Nachdem bereits die Fahrkartenbeschaffung eine kleinere Odyssee gewesen war, die mehrere Stunden im Internet, das Anfahren von drei (ich wiederhole:DREI) verschiedenen Bahnhöfen und einem Anruf beim Kundendienst (irgendwo in Indien, Beherrschung der englischen Sprache eher weniger...) beinhaltete, schwante mir schon, dass die Fahrt selbst ein Erlebnis sein würde. Doch hier täuschte ich mich. Wir verpassten keinen Zug, alle fuhren pünktlich ab und kamen pünktlich an. Nun gut, einmal hatten wir einen Schreckmoment, als nämlich auf einem Bahnsteig unser Zielort plötzlich nicht mehr mitangezeigt wurde, drei Minuten vor Abfahrt. Die Bahnhofsangestellte auf dem Gleis, die wir (und einige andere Reisende) daraufhin leicht panisch befragten, wusste keine Auskunft aber alles wendete sich eine Minute vor Abfahrt noch zum Guten als sich herausstellte, dass der Zug in drei verschiedene Richtungen fahren würde und unser Zielort sehr wohl angefahren werden würde (so wir uns im richtigen Teil des Zuges befänden, was wir taten).

Und dann wäre da noch die Sache mit den Platzkarten. Man muss dazu sagen, dass wir die Platzkarten persönlich an einem Schalter kauften. Also wir alle, ich erinnere noch mal: drei Erwachsene und drei Kidner, drei ziemlich kleine Kinder um genau zu sein. Wie groß war also unser Erstaunen (und das der anderen Mitreisenden), als wir im recht vollen Zug feststellten, dass man uns Sitze im Ruhewagen zugeteilt hatte. Die Kinder waren erstaunlich lieb und man hätte fast geglaubt, sie könnten die grossen Schilder "Bitte hier ruhig sein, dies ist der Ruhewagen", die überall angebracht waren, selbst lesen. Aber auch liebe Kinder sind Kinder und obwohl niemand etwas zu uns sagte (dies ist England bitteschön, da geht es höflich zu), konnte ich die gerunzelten Stirnen und hochgezogenen Augenbrauen erahnen und ich lebe schon lange genug in England um die Macht der hochgezogenen Augenbraue zu spüren. Entsprechend gestresst fühlte ich mich und am Liebsten hätte ich ein Schild hochgehalten mit der Aufschrift "Ich weiss! Man hat uns die Platzkarten hier verkauft!"

Aber irgendwann war auch diese Zugfahrt zu Ende und Bath entschädigte für vieles und erinnerte mich auch mal wieder daran, warum es mich auf die Insel gezogen hatte und ich immer noch hier bin. Und damit meine ich nicht die Suche nach Mr Darcy aber schon so ein bißchen dieses Ideal von Jane Austens England, von Scones und cucumber sandwiches, von malerischen Cottages und von freundlichen Schaffnern und anderen Angestellten.

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