Dienstag, 29. Juni 2010

Der kleine Unterschied

Kürzlich stand ich mit dem Baby an der roten Fußgängerampel und wartete auf das grüne Männchen. Ich stand als Einzige da. Zu den Fußgängern, die die rote Ampel völlig ignorierten, gehörten zu meinem Erstaunen auch zwei Polizisten. Hätte mir das in Deutschland passieren können? Ich bezweifle es. Und dachte danach wieder einmal über die kulturellen Unterschiede nach.

Zum Beispiel auch im Umgang mit Kindern gibt es die natürlich. Während in Deutschland Kinder oft die absolute Vorrangstellung zu haben scheinen, sieht man das hier alles etwas gelassener und pragmatischer. Hier laufen Kinder einfach so mit und es gibt nicht immer eine Extrawurst für die kleinen Würstchen (ich entschuldige mich für das lahme Wortspiel...).

In Deutschland scheint es mir oft, als müsste man ein gewisses Leidenspotential als Elternteil mitbringen, sonst kann man sich nicht als gute Mutter oder Vater sehen (und damit meine ich nicht nur die Bereitschaft zu unzähligen Besuchen auf Spielplätzen, die ja vielleicht nur bei mir in die Leidenskategorie gehören). Schon vor dem ersten Geburtstag aufgehört zu stillen nur wegen ein paar Brustentzündungen? Das arme Kind. Das Kind zum Essen kochen vor den Kinderkanal gesetzt statt ihm beim gemeinsamen Essen kochen ein paar Worte Spanisch beizubringen? Da hat sich sicher ein Lernfenster für immer geschlossen.

Mein Eindruck ist, dass Kinder in Deutschland ernster genommen werden. Im guten Sinne, dass es nämlich um ihre Bedürfnisse geht und man durchaus auch bereit ist, Opfer dafür zu bringen, aber eben auch im schlechten Sinne, dass man dann Kinder zu sehr zum Mittelpunkt macht, statt sie ins Familienleben zu integrieren, wo Mütter nicht nur Mütter sind, sondern auch mal schlechte Laune haben dürfen.

Hier scheint mir das in dieser Hinsicht alles etwas entspannter. Vielleicht ist es deshalb nicht unüblich, dass Familien 3 oder mehr Kinder haben. Weil man sich eben für sie hier oft nicht so verrenkt und verbiegt, sind auch mehrere Kinder leichter machbar. Das kann dann allerdings auch ins andere Extrem umschlagen, dass Kinder nämlich nicht stören dürfen und es gibt schon eine Art Wettbewerb, nach der Geburt möglichst schnell wieder sein "normales" Leben zurückzubekommen (Teach That Damned Baby What's What So You Can Get Back to Chinning Chardonnay Like the Good Old Days heißt hier zum Beispiel ein Buch, in dem es genau darum geht).

Und ich? Nun, ich wurschtle (ich kann es nicht lassen) mich so durch und suche mir aus beiden Ansätzen das Beste raus. Und erfreue mich an der Heiterkeit, die die Kinder in mein Leben bringen. Wenn zum Beispiel der kleine Autofanatiker zu seinem kleinen Bruder sagt: "Guck mal was ich für einen großen Pipifinger habe." (klingt doch viel schöner als Pullermann oder was man sonst noch so für Begriffe hat)

Dienstag, 22. Juni 2010

Wieder ein Dienstag

Den regelmäßigen Lesern dieses Blogs ist es sicher schon aufgefallen, dass ich versuche, jeden Dienstag einen Artikel zu schreiben. In dieser Woche muss ich meine Dienstagsleser jedoch leider etwas enttäuschen, da ich es heute einfach nicht geschafft habe.

Zum Trost jedoch ein paar kleine Schnippsel aus unserer vergangenen Woche:

Etwas zum Thema "Babies in England": ich muss immer noch darüber lachen, dass mir eine Freundin mit einem kleinen Baby erzählt hat, dass sie zur Rückbildungsgymnastik in den Pub geht. Kein Scherz, denn der Pub hat einen freien Raum, der dafür genutzt wird. Das ist ein Land nach meinem Geschmack, in dem man zur Gymnastik in den Pub und nicht ins Fitnessstudio geht!

Etwas zum Thema "Erziehungstipps": Heute habe ich einen wirklich guten Tipp weiterzugeben. Der kleine Autofanatiker brüllt normalerweise schon, wenn man nur einen Doktorbesuch in Erwägung zieht. Gleiches gilt für Friseurbesuche (ich berichtete). Heute wurde nun ein Doktorbesuch unumgänglich (nach zwei Wochen mit rotem Auge konnte ich selbst mir nicht mehr einreden, dass das schon einfach mal so wieder weggeht). Ich erklärte daher dem kleinen Autofanatiker, dass wir heute zum Doktor und zum Friseur gehen müssen. Daraufhin schrie er "Ich will aber nur eines" und ich erlaubte ihm gnädigerweise nur einen Doktorbesuch, bei dem er -oh Wunder über Wunder - das zahmste aller Kinder war.

Und schließlich noch etwas zum Thema "Schuljahresende": Es ist bald wieder soweit und es wird Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, was die Mrs am Ende des Jahres bekommt (Karte? Präsentkorb? Auto?). In einem Schaufenster sah ich heute eine Werbung für Gläser mit dem Namen des Lehrers und des Kindes eingraviert. Auch darüber lache ich immer noch.

Dienstag, 15. Juni 2010

Wir machen das hier so

Jedes Land hat natürlich so seine Traditionen und Bräuche. In Deutschland zum Beispiel wird Weihnachten am 24. Dezember gefeiert, in England am 25.

Seitdem ich in England lebe, habe ich schon so einige deutsche Traditionen meiner englischen Umgebung näherzubringen versucht. Da war zum Beispiel das Jahr, um mal beim Dezember zu bleiben, in dem ich dem großen Autofanatiker am 6. Dezember Schokolade in die Schuhe steckte und er nichtsahnend seine Schuhe anzog... Kein so großer Erfolg (außer für die Waschmaschine, die die Schokoladenflecken wieder aus den Socken bekam).

Kürzlich jedoch habe ich möglicherweise dazu beigetragen, eine neue deutsche Tradition in England zu verbreiten, die in Deutschland völlig unbekannt ist. Und das kam so: unsere Nachbarn am Ende der Straße sind vor einigen Wochen zum ersten Mal Eltern geworden. Also hängte ich ihnen ein kleines Geschenk in einer Tüte an die Haustür. Einige Zeit später bekam ich eine Karte, in der sie sich herzlich für das niedliche Kleid und die einzelne Windel bedankten. Und plötzlich fiel mir wieder ein, dass ich an dem Tag als ich das Geschenk abgab, eine Windel für das Baby in der Hand hatte, die ich danach nirgendwo finden konnte. Und jetzt stelle ich mir doch so vor, was unsere Nachbarn gesagt haben, als sie die Windel im Geschenk fanden:

Sie: Jetzt guck doch mal Schatz, hier ist eine einzelne Windel. Komisch.
Er: Vielleicht ist das ja eine deutsche Tradition, dass man zur Geburt eine Windel verschenkt.
Sie: Ja, da hast du sicher recht. Irgendwie hübsch.
Er: Wenn einer unserer Freunde demnächst ein Kind bekommt, sollten wir das vielleicht auch machen.

Aber vielleicht war es auch alles ganz anders.

Falls aber demnächst alle neugeborenen Babies eine einzelne Windel zur Geburt geschenkt bekommen, dann wisst ihr, wo es angefangen hat.