Dienstag, 22. März 2011

Sonntagsfreuden

Der Sonntag ist ja nun ein Feiertag und an solchem sollte man wohl etwas machen, woran man Freude hat.

Wir taten am vergangenen Sonntag genau das:

- der große Autofanatiker fuhr zu einer Autoausstellung mit allen möglichen tollen Autos, die ich nicht mal vom Namen her kenne;

- der kleine Autofanatiker ging zu einer Geburtstagsfeier von einem Schulfreund (und, oh Wunder, er blieb sogar allein dort und spielte ganz vergnügt mit seinen Freunden, während Mama, hin- und hergerissen zwischen Mutterstolz und Sentimalität, dass ihr kleiner Junge nun wirklich groß wird, wieder nach Hause ging um ihn später abzuholen);

- das Baby fuhr Zug (eigentlich wollten wir in den Kindergottesdienst, aber den verschlief er, doch egal, das Zug fahren hat ihm auch Spaß gemacht);

- und ich? Na schön, meine Sonntagsfreude ist die Peinlichste, aber ich berichte sie trotzdem. Ich habe die Waschmaschine saubergemacht. Mit Essig und einer Zahnbürste. So richtig geschrubbt. Und wie schön war das. So befriedigend. Eine Aufgabe, die einen Anfang und ein Ende hatte (im Gegensatz zu meiner sonstigen Hauptalltagsbeschäftigung Kindererziehung) und am Ende hat man auch wirklich ein positives Resultat gesehen. Vielleicht täusche ich mich ja, aber meine helle Wäsche heute scheint wirklich weißer zu glänzen als noch vorige Woche.

Oder vielleicht sollte ich wirklich öfter mal das Haus verlassen. Nächste Woche verreise ich. Es ist wirklich an der Zeit, bevor ich mir am Sonntag den Kühlschrank vornehme.

Dienstag, 15. März 2011

Guter Rat ist schwer zu finden

Als ich mit dem kleinen Autofanatiker schwanger war, verfiel ich in den Bann von Elternratgebern. Sei es in der Form von Büchern oder Zeitschriften. An keinem Zeitschriftenladen konnte ich damals vorbeigehen. Überschriften wie "So haben sie eine schmerzlose Geburt" oder "10 Schritte zum glücklichen Baby" wirkten magisch auf mich, schließlich wollte ich sowohl eine schmerzlose Geburt (nach zwei Geburten kann ich nun dazu sagen Hahaha) als auch ein glückliches Baby.

Daran hat sich bis heute im Grunde nichts geändert. Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt, dass in einer Zeitschrift dieses und in der anderen jenes behauptet wird, Elternzeitschriften wirken immer noch wie eine Droge auf mich und manches Interessantes habe ich auch schon erfahren und gelernt. Doch gelegentlich da frage ich mich schon, wer schreibt das denn? Da las ich kürzlich in einem Artikel, dass man mit seinen Kindern täglich zwei Stunden an die frische Luft gehen sollte und das stand unter der Überschrift - und jetzt kommt's - "Entstressen Sie Ihren Alltag". ??????? Bitte? Haben die Autoren des Ratgebers einen besonderen Humor, den ich nicht verstehe?

Der Gedanke, dass ich auch noch zwei Stunden Zeit finden soll, mit meinen Kindern rauszugehen, entstresst mich komischerweise überhaupt gar nicht. Und dabei bin ich noch nicht mal berufstätig. Was ist dann erst mit den Müttern, die Kinder und Job vereinbaren?

Ich würde mir einen ehrlichen Artikel wünschen, in dem Ratschläge stehen wie:
-Es ist auch mal ok, das ständige Erzählen der Kinder zu ignorieren, damit man in Ruhe eine Tasse Tee trinken kann.
-Es müssen nicht immer pädagogisch wertvolle Spielsachen sein, die Kinder mit einem Monstercomic mit absolut nutzfreiem Plastikspielzeug glücklich zu machen, ist auch mal schön.
-Frische Luft ist gut, aber wenn es eben den ganzen Tag regnet, dann werden die lieben Kleinen nicht gleich bleibende Schäden davontragen, wenn die einzige frische Luft auf dem Weg vom Auto zum Haus ist.

Das würde mich entstressen.

Dienstag, 8. März 2011

Glitze, glitze, klebe

Es war einmal ein kleines Mädchen, die wohnte in einem Land, das es heute gar nicht mehr gibt. Ab und zu, an besonders hohen Feiertagen, bekam das kleine Mädchen eine Mark geschenkt und zwar eine richtig gute Mark, eine Westmark. Mit dieser ging das Mädchen dann in einen Laden, in dem es so gut roch, wie nirgends sonst in ihrem Heimatland. Lange, lange betrachtete das Mädchen alle die wunderbaren Sachen, die es in diesem Laden gab um schließlich mit einem Bogen Aufkleber das Geschäft glücklich wieder zu verlassen. Nie hätte das Mädchen auch nur im Traum daran gedacht, diese Aufkleber tatsächlich zu verkleben. Und wenn der Leim nicht inzwischen vertrocknet ist, dann kleben sie noch heute.

Meine Söhne nun, eindeutig Kinder der Marktwirtschaft und als solche von materialistischen Dingen nicht so leicht zu beeindrucken, kleben ihre Aufkleber auf alles, was sich nicht schnell genug wegbewegt. Auf Wände, Türen, Schränke, Menschen, Jacken, Tassen. Einfach überallhin. Und natürlich gibt es Aufkleber heute nicht nur an hohen Feiertagen sondern jedes Kinderheft enthält Dutzende, bei jedem Arztbesuch gibt es einen Aufkleber, in der Schule gibt es sogar Aufkleber mit dem Namen der Lehrerin, die die Kinder für gute Leistungen bekommen. Natürlich dürfen diese Aufkleber nie von den Pullovern entfernt werden. So wurde aus dem kleinen Mädchen von damals, das ihre Aufkleber liebte, eine Aufkleberhasserin.

Neulich jedoch machte ich eine überraschende Entdeckung. Ganz nach dem Motto, wenn man schon das Übel nicht beseitigen kann, dann sollte man es sich wenigstens zu Nutze machen, versprach ich den Kindern einen Aufkleber, wenn sie mir beim Aufräumen helfen würden. Und siehe da: aus zwei muffeligen Jungs, die gerade eben noch keinen Finger krümmten, wurden zwei hochmotivierte Helfer. Nur woher sollte ich jetzt gleich die Aufkleber nehmen? Mit einem Erfolg hatte ich ja eigentlich gar nicht selbst gerechnet. Ich fand zwei alte Aufkleber auf einem Bogen, den die beiden kurz vorher noch selbst auf alle möglichen Dinge geklebt hatten und war mir eigentlich sicher, dass sie die ablehnen würden, aber da: Überraschung Nummer 2 - stolz klebten sie sich die Dinger an ihre Pullover. Das soll noch einer verstehen. Ich tue es zwar nicht, aber habe fest vor, das bald wieder zu benutzen.

Mein Return on Investment

Stundenlang mussten ihre Töchter täglich Instrumente üben. Alles schlechter als die Note 1 wurde als Schande für die Familie angesehen. Treffen nach der Schule mit Freunden waren verboten. In dem kürzlich auf Deutsch erschienenen Buch von Amy Chua („Die Mutter des Erfolgs. Wie ich meinen Kindern das Siegen beibrachte.“) beschreibt die US-amerikanische Yaleprofessorin und Tochter chinesischer Einwanderer, wie sie mit chinesischem Erziehungsdrill ihre Kinder auf Höchstleistungen trimmte.

Obwohl für Eltern hierzulande sicher nicht ohne Weiteres nachvollziehbar (in Amerika wurde sie auch als Monstermutter angegriffen), so gibt es doch Aspekte, die westlichen Mittelschichteltern bekannt vorkommen dürften. Auch bei uns herrscht das Diktat, das Beste aus den Kindern herauszuholen. Wo chinesische Eltern Leistung in ihre Kinder hineinpumpen, ist es bei uns die Erwartungshaltung, alles für das Kind tun zu wollen (oder müssen). Erst Stillen natürlich, auch wenn es Schmerzen bereitet, die Bedürfnisse des Kindes über die eigenen stellen, mit Förderkursen ab dem Kleinkindalter die Freizeit organisieren. Das Projekt Kind muss gemanagt werden, damit es erfolgreich ist.

Der Druck auf die Eltern (mal ehrlich: die Mütter) ist hier wie da groß. Und neben dem hehren Ziel, dass es unsere Kinder einmal gut haben sollen, geht es doch im Grunde auch darum, dass sich der Aufwand lohnen soll. Für die Opfer, die man seinen Kindern bringt, möchte man etwas zurückbekommen. Ein Return on Investment bitteschön. Natürlich ist die Idee nicht neu, Kinder wurden lange als die beste Altersversicherung gesehen. Doch neu ist wohl der Aufwand, der betrieben wird, um unseren Nachwuchs erfolgreich zu machen. Eine Mutter, die einen Karriereknick für ihre Kinder in Kauf nimmt, möchte wissen, dass die Anstrengung nicht umsonst war.

Ich möchte nicht behaupten, dass ich das nicht verstehen kann. Und trotzdem: Mein schönster Return on Investment ist das Lachen meiner Kinder, die Arme, die sich um meinen Hals legen und der klebrige Kuss auf meiner Nase, die vor Aufregung rot gefärbten Wangen meiner Jungen, wenn sie etwas besonders spannend finden. Dann weiß ich, es ist gar kein Opfer, dass ich meine Berufstätigkeit eingeschränkt habe, um für meine Kinder da sein zu können, sondern ein Glück. Dann weiß ich, dass ich keine Superkinder brauche, um mich selbst zu bestätigen und zu rechtfertigen. Nur um ihrer willen möchte ich sie dabei unterstützen, ihren eigenen Weg zu finden.