Montag, 26. Juli 2010

Kommunikationsprobleme

Dieser Tage war mein Auto in der Werkstatt und als ich es abholen wollte, verstand ich den Automechaniker nicht sofort. Kann ja jedem mal passieren. Es war laut in der Werkstatt, er sprach einen mir nicht vertrauten Dialekt des Englischen und er sprach außerdem über ein Thema, von dem ich schon in meiner Muttersprache nichts verstehe. Der Mechaniker jedenfalls ging daraufhin dazu über mit mir S-E-H-R L-A-N-G-S-A-M U-N-D D-E-U-T-L-I-C-H zu sprechen, wie man das mit geistig Minderbemittelten oder Ausländern eben so macht. Wahrscheinlich gehörte ich für ihn in beide Kategorien.

Ich musste jedenfalls an diese kleine Episode denken, als das Baby gestern mal wieder einen Wutanfall hatte. Davon haben wir im Moment so einige und mindestens die Hälfte liegt wohl daran, dass wir uns, wie mit dem Automechaniker, nicht verstehen. Ja, das Baby scheint manchmal in einer Welt zu leben, in der er der Mechaniker ist, der umgeben ist von ausländischen Frauen, die seine Sprache einfach nicht sprechen. Er will etwas sagen und gibt sich ganz viel Mühe mit seinem begrenzten Vokabular, mit seinen Gesten und Fingern und der Rest der Welt versteht ihn einfach nicht. Dann wird er frustriert, schreit und wirft sich auf den Boden. Bevorzugt in der Öffentlichkeit.

Im Supermarkt zum Beispiel. Und es sind immer ältere Damen, die einen dann ansprechen. Geht das anderen Müttern auch so? Die allermeisten meinen es ja nett. Kürzlich zum Beispiel im Supermarkt sprach uns eine nette Dame an, die auch aus Deutschland kam (was in unserer Wohngegend schon etwas Besonderes ist). Gern jedenfalls hätte ich mich noch länger mit der netten Dame unterhalten. Leider machte es das tobende Kind auf dem Fußboden etwas schwer.

Insgesamt sprachen uns bei diesem Supermarktbesuch, der alles in allem wahrscheinlich 20 Minuten dauerte, fünf ältere Damen an. Alle sehr nett, aber leider alle gar nicht hilfreich. Denn auch mit ihnen fand das Baby es nicht einfacher zu kommunizieren (Aber falls es ältere Herren unter den Lesern gibt, die an einer lockeren Kontaktaufnahme mit netten Damen interessiert sind, bin ich durchaus bereit, das Baby für Supermarktbesuche auszuleihen. Ein bis zwei Wutanfällte sind garantiert drin.).

Morgen fahren wir nach Deutschland. Vielleicht gelingt es dann wenigstens mir, mich besser verständlich zu machen, falls was mit dem Auto sein sollte. Ich werde es Ende August berichten, wenn wir aus dem Urlaub wieder da sind. Und vielleicht findet es das Baby bis dahin auch einfacher mit uns zu kommunizieren.

Tränen und Testesteron

Um es vorwegzunehmen: Tränen und Testesteron passen nicht zusammen. Jedenfalls nicht die Art sentimentale Tränen. Wuttränen, weil man nicht als Erster was auch immer gemacht hat, haben meine kleinen Männer eine ganze Menge zu bieten.

Doch zurück zu den sentimentalen Tränen. Am vergangenen Freitag war der letzte Kindergartentag des kleinen Autofanatikers. Und was gab es für Tränen. Die Augen der etwas hartherzigeren Mütter schwammen, die weichherzigen benötigten Taschentücher und neues Make-up (oder waren gleich so vorausschauend gewesen wie ich und hatten am Morgen gar nicht erst die Schminktasche geöffnet). Die kleinen Mädchen schluchzten. Und die Jungs? Keine einzige Träne! Bei keinem!

Auf die Frage, ob er denn gar kein bisschen traurig sei, dass er denn nun nicht mehr in den Kindergarten gehen könne, meinte der kleine Autofanatiker ganz glücklich "Nö." Und setzte dann immerhin hinzu, nachdem er wohl meinen Gesichtsausdruck sah "Weil ich mich doch schon so sehr auf die Schule freue." Na, wenigstens das. Obwohl ich das Gefühl habe, er hat das Letzte nur gesagt, um mich zu besänftigen.

Tränen und Testesteron passen eben einfach nicht zusammen. Und obwohl ich es nicht verstehe und es mich auf der einen Seite auch irgendwie etwas empört, finde ich es auf der anderen Seite auch bewundernswert. Dann freuen wir uns jetzt eben auf die Schule.

Dienstag, 20. Juli 2010

Die zweite Socke

Am Wochenende waren meine drei Männer zu Besuch bei Nanny und Granddad. Aus Erfahrung weiß ich, dass bei derartigen Besuchen, wenn ich nicht dabei bin, regelmäßig die Hälfte der Sachen bei der Rückkehr fehlt. Inzwischen bin ich dazu übergegangen, nur die allernötigsten Sachen mitzuschicken und möglichst auch keine besonders schönen oder geliebten Stücke (daher erklärt sich vielleicht auch die Tatsache, dass die englischen Großeltern ihren Enkeln immer sehr schöne Anziehsachen schenken, sie müssen wohl denken, die armen Kinder haben nur etwas alte Sachen daheim).

Tatsächlich schafften die Drei es dieses Mal immerhin, die wichtigen Teddies wieder mitzubringen (daran zu denken hatte ich dem großen Autofanatiker unter Androhung von Qualen eingeschärft) und auch sonst war die Rückkehrquote ziemlich hoch. Ich vermisse nur ein paar Hausschuhe und eine einzelne Socke. Wahrscheinlich eines der besten Ergebnisse bis jetzt.

Für zukünftige Besuche erwäge ich allerdings, in alle Sachen den Namen einzunähen. Für die Schule im September muss ich das ohnehin machen. Denn wenn alle lila Schulpullover tragen, weiß man ohne Namen natürlich nicht mehr, welcher wem gehört. Obwohl, dann ist es ja vielleicht auch egal, wer welchen Pullover nach Hause bringt. Sie sehen ohnehin gleich aus.

Vorige Woche jedenfalls bekamen wir die Schuluniform zugeschickt. Der kleine Autofanatiker war so begeistert, dass er nur mit viel Überredungskunst davon überzeugt werden konnte, sie wieder auszuziehen. Ich hoffe, das hält noch lange an!

Jetzt fehlen uns nur noch ein paar Kleinigkeiten von der Liste, die wir von der Schule bekommen hatten. Dazu gehören die Schuhe (schwarz, keine Schnürsenkel), Socken (grau) und Sportsachen (blaue Hose, T-Shirt mit Schullogo und das Aufregendste: bei den Turnschuhen dürfen wir ganz allein die Farbe bestimmen!). Unsere Liste war im Vergleich zu manch anderen Schulen immerhin noch recht kurz. Eine Privatschule im Ort verlangt von den Kindern, dass auch auf den Socken das Schullogo erscheint.

Für mich stellt sich jetzt allerdings nur noch die Frage: wie bekomme ich den Namen in die Socken?

Für das nächste Wochenende bei den Großeltern ohne mich werde ich jedenfalls nur noch graue Schulsocken mitschicken. Wenn dann wieder eine verloren geht, kann man die Socke zumindest aufheben, bis mal wieder eine weg ist und dann hat man immer noch ein Paar.

Dienstag, 13. Juli 2010

Mein Baby

Das Baby ist nun ganz offiziell wirklich kein Baby mehr. Gestern feierten wir seinen zweiten Geburtstag. Und kann man bereits nach dem ersten Geburtstag argumentieren, dass ein Baby kein Baby mehr ist, so gilt das natürlich erst recht für den zweiten Geburtstag.

Und er ist ja auch wirklich kein Baby mehr. Er geht schon fast in den Kindergarten wie ein Großer, er unterhält sich den ganzen Tag mit uns und zwar in richtigen Worten und nicht Babygeplapper. Er sagt "selbst" wenn ich seine Hose anziehen will. Er weigert sich, im Hochstuhl am Esstisch zu sitzen, isst mit Messer und Gabel, trinkt aus dem Becher. Niemals würde er noch in einem Gitterbett schlafen. Den Buggy akzeptiert er gerade noch so.

In seinem Kopf ist er vier Jahre alt und der ständige Schatten vom kleinen Autofanatiker. Der kleine Autofanatiker macht einen Unsinn vor, das Baby macht es unter Garantie nach. Der kleine Autofanatiker spielt nur noch mit Spielsachen für größere Kinder, selbstverständlich spielt das Baby auch nicht mehr mit Babyspielsachen. Der kleine Autofanatiker schnippselt und schneidet und leimt und kleibt, natürlich muss das Baby auch eine Schere und Leim in der Hand haben.

Aber für mich bleibt er mein Baby. Wenn er nachts aufwacht und "Mama" ruft, wenn ich die weichen Babyhaare aus seinem Gesicht streiche, wenn er sich Trost suchend an mich kuschelt, dann weiß ich, die richtige Babyzeit mag zwar vorbei sein, aber er ist immer noch mein Baby. Genau wie der kleine Autofanatiker. Und auch wenn die beiden in 10 oder 15 Jahren vielleicht Türen knallen und muffelig kein Wort mehr sagen, sich weigern ihre Hausaufgaben zu machen und abends spät nach Hause kommen, dann nehme ich an, sind sie immer noch meine Babys. Und deshalb wird das Baby hier auch weiterhin das Baby genannt.

Dienstag, 6. Juli 2010

Neue und alte Erfahrungen

Ich sitze im Moment vor dem Kindergarten im Auto. Die moderne Technik in Form eines internettauglichen Handys macht es moeglich, auch von unterwegs zu bloggen (allerdings ohne Umlaute, alles ist eben doch noch nicht moeglich). Ich sitze vor dem Kindergarten im Auto und mache gerade eine neue Erfahrung. Ganz unerwarteterweise (denn sonst wuerde ich nicht hier sitzen). Im Kindergarten naemlich befinden sich derzeit meine beiden Kinder. Das an sich ist natuerlich schon bemerkenswert genug. Die noch bemerkenswertere neue Erfahrung ist jedoch,  dass aus dem Kindergarten kein Geschrei ertoent, keine Mama Rufe, kein Schluchzen, nur froehliches Kinderlachen. Sogar die Verabschiedung war traenenfrei. Nachdem der kleine Autofanatiker wochenlang jeden Tag nur weinend in den Kindergarten gegangen ist, hatte ich mich in Erwartung auf eine Wiederholung beim Baby schon auf eine kurze Wartezeit im Auto an seinem ersten Tag eingestellt. Aber ein Baby ist eben kein kleiner Autofanatiker.

Und damit noch nicht genug mit den neuen Erfahrunen. Am Sonntag sass ich auf dem Sofa und las den ganzen Hauptteil und sogar noch die Sportseite (ja, die WM hinterlaesst auch bei mir ihre Spuren) der Sonntagszeitung in Ruhe. Keiner, der etwas von mir wollte, mich zum Spielen aufforderte oder aehnliches. Stattdessen Ruhe, waehrend aus dem Kinderzimmer ein Gemisch aus deutsch und englisch ertoente, wo die beiden gemeinsam spielten. Ganz friedlich und ganz allein.

Aber das waren nur meine persoenlichen neuen Erfahrungen. Bei anderen Sachen im merry old England ist durchaus alles beim Alten. Bloss gut, man koennte ja sonst verwirrt werden.

Nichts zum Beispiel hat sich geaendert an der Tatsache, dass die Uhren um 60 Jahre zurueckgedreht werden, wenn es hier um Fussball geht, was sich nicht nur in Nazivergleichen der deutschen Mannschaft in der Boulevardpresse zeigt, sondern auch darin, dass kleine Kinder, die ein deutsches Fussballshirt tragen mit 'Sieg heil' beschimpft werden, wie einer Freundin von mir passiert.

Auf der heitereren Seite gehoert zu den alten Erfahrungen die englische Pruederie. Kuerzlich waren wir bei ungefaehr 30 Grad bei einer englischen Bekannten mit vielen anderen englischen kleinen Kindern im Alter von meist 2 oder 3 Jahren. Im Garten gab es auch einen kleines Planschbecken. Nach einer Weile holten alle englischen Muetter Badeanzuege und Badehosen fuer ihre Kinder aus ihren Taschen. Zum Glueck waren meine Kinder zu schuechtern um mitzumachen, denn ich hatte natuerlich nichts dabei, waren wir doch einige Tage zuvor in einer ausschliesslich deutschen Runde gewesen, wo alle Kinder ganz selbstverstaendlich nackt im Planschbecken herumsprangen und ich deshalb gar nicht auf die Idee gekommen waere, Badesachen fuer die Kinder einzupacken.

Aber nun gut. Zurueck zu meiner neuen Erfahrung vor dem Kindergarten. Alles klingt noch froehlich da drin, da were ich jetzt mein Buch nehmen und die ungewohnte Ruhe geniessen. Und gerade kommt auch die nette Mrs und bringt mir eine Tasse Tee.