Dienstag, 8. Dezember 2009

Merry Christmas

Die Geschenke sind eingepackt, die Lebkuchen von Lidl, die es auch hier zu kaufen gibt, aufgegessen und das Krippenspiel im Kindergarten (der kleine Autofanatiker war ein ganz wunderbarer King) gesehen. Es ist Zeit. Morgen fliegen wir nach Deutschland in den Weihnachtsurlaub. Deshalb hat der Blog jetzt erst mal Pause.

Frohe Weihnachten!

Erwachsen werden?

Ich beschwere und belustige mich ja gern immer mal über mein Gastland. Heute jedoch möchte ich einmal etwas von den guten Dingen hier erwähnen: die Sunday Times. Was gibt es besseres als an einem verregneten Sonntag (schließlich ist das England und das Klischee vom schlechten Wetter auf der Insel scheint besonders oft sonntags zuzutreffen) gemütlich im Wohnzimmer zu sitzen und stundenlang die Zeitung zu lesen? Was habe ich nur an den Sonntagen in Deutschland gemacht, als ich die Sunday Times nicht lesen konnte? Und bevor jetzt jemand spitzfindig bemerkt, die könne man ja auch in Deutschland kaufen, nein, ich habe es versucht und es nicht die gleiche Ausgabe, es fehlen die wunderbaren Magazine.

Jedoch fiel mir am vergangenen Sonntag bei der Lektüre etwas auf: während noch vor einigen Monaten oder vielleicht auch schon Jahren mein erster Griff dem Reiseteil galt, lese ich nun mit größter Neugier als erstes den Immobilienteil. Die Erkenntnis erschütterte mich etwas. Also eigentlich ziemlich. Jeder Mensch hat ja so ein Selbstbild von sich, eine Vorstellung. In meiner Vorstellung war ich immer noch jemand, der mit dem Rucksack unterwegs ist, heute hier, morgen da. Vom Campingurlaub mit kleinen Kindern in Indien hatte ich immer geträumt. Eine Safari in Afrika wollte ich ihnen zeigen, sobald sie laufen konnten. Auf keinen Fall sesshaft werden. Kochen? Bügeln? Nicht mit mir. Und jetzt? Der Immobilienteil?? Erschrocken liess ich die Zeitung aus der Hand fallen und griff mir den Reiseteil.

Und ich fragte mich dabei: wie konnte es nur dazu kommen? Bin ich einfach nur älter und bequemer geworden? Haben meine Kinder einen Spießer aus mir gemacht? Wieso weiß ich plötzlich nicht mehr die besten und geheimsten Top-Tipp-Reiseziele in Südamerika, aber dafür kenne ich mich bestens mit dem Angebot bei Cath Kidston aus?

Aber auch obwohl mir der Schreck in den Gliedern saß, konnte ich nicht die gleiche Begeisterung für die Reiseberichte aufbringen. Denn irgendwie gefällt es mir in meiner neuen Welt, in der man sich am Samstag morgen stundenlang mit anderen Familien durch Ikea schiebt. In der man sich im All-Inclusive-Hotel am Urlaubsort keine Gedanken machen muss, ob es auch was für die Kinder zu essen geben wird. In der man einen guten Staubsauger zu würdigen weiß. In der man Geld für Zimmerpflanzen ausgibt.

Und ein kleiner Trost an mein altes Ich: schließlich heißt das ja nicht, dass der Rucksack jetzt für immer verschwindet. Ja, wenn die Kinder erst groß sind, dann geht es wieder los... Ganz bestimmt... Also... sehr wahrscheinlich.

Nur mein Selbstbild von mir muss ich nun ändern. Und wer weiß, vielleicht bügele ich ja sogar irgendwann meine Jeanshosen (von meiner Mutter schon lange gefordert, von mir stets als völlig überflüssig und verspießert abgelehnt worden).

Dienstag, 1. Dezember 2009

Die Grundsätze der Marktwirtschaft

In meinem Post von vor einigen Wochen bekannte ich mich ja bereits dazu, dass ich gelegentlich Bestechung benutze, um meinen Wunsch und den Willen meiner Kinder zu vereinbaren, d.h. den Willen meiner Kinder dahingehend zu verändern, dass er meinem Willen entspricht. Das kann man natürlich negativ sehen; ich kann mich nicht erinnern, schon jemals in einem Erziehungsratgeber gelesen zu haben, dass Bestechung ein wertvolles Mittel in der Kindererziehung sein soll. Aber ich habe beschlossen, ich werde jetzt nur noch die postiven Seiten sehen. Schließlich vermittle ich damit meinen Kindern ein wichtiges Prinzip der Marktwirtschaft: ich habe etwas, was du willst und dafür gibst du mir etwas, was ich will. Funktioniert in beide Richtungen. Einmal bin ich der Einkäufer, einmal bin ich der Verkäufer. Na also, eines der wichtigsten kapitalistischen Grundprinzipien schon im Alter von 3 Jahren verinnerlicht.

Vielleicht gibt es ja noch mehr gesellschaftspolitische Grundsätze, die ich meinen Kindern im häuslichen Bereich nahebringen kann.

Ganz ohne meine Hilfe haben sie schon sehr schön verstanden, wann man mit der Obrigkeit schön tun muss, um seinen Willen durchzusetzen oder wann lautes Beschweren (d.h. Schreien und Toben) am wirksamsten ist.

Oder wie ist es damit: Regeln des Zusammenlebens in einer Gesellschaft gelten für alle zum Wohle des Einzelnen und wer sie nicht befolgt, muss mit Sanktionen rechnen. Das haben wir Erwachsene selbstverständlich verinnerlicht, sonst würde ja zum Beispiel im Straßenverkehr Chaos herrschen. Kinder dagegen sind von Geburt Anarchisten, die dies erst lernen müssen. Hier kann ich bereits Erfolge melden. Der kleine Autofanatiker kommt mittlerweile in das Alter, in dem er die Regelbefolgung von allen einfordert. So fragt er mich zum Beispiel vor dem Essen manchmal inzwischen: "Hast du auch Hände gewaschen, Mama?" Aber natürlich, sonst müsste ich mir ja selbst den Nachtisch wegnehmen.

Und damit hängt auch eng die goldene Regel des Sozialverhaltens zusammen, die so schön in dem deutschen Sprichwort zusammengefasst wird: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu. Wenn ich da so einige Monate zurückdenke, als das Baby noch ein richtiges Baby war, dann kann ich durchaus feststellen, dass dieses Gebot der Nächstenliebe erst erlernt werden muss. Oft musste ich da einschreiten. Inzwischen aber ist das Baby kein richtiges Baby mehr, sondern holt sich die Spielsachen auch mal wieder, die der kleine Autofanatiker ihm wegnimmt oder spritzt in der Badewanne zurück mit Wasser und der kleine Autofanatiker bekommt plötzlich eine Ahnung davon, wie es ist, wenn man das einstecken muss, was man austeilt und wird vorsichtiger.

Woran wir allerdings noch arbeiten müssen, ist Diplomatie. Bemerkungen wie "Du bist ein alter Mann, Papa." sind zwar lustig aber selbstverständlich nur solange, wie der Satz nicht auf Mama angewendet wird.

Manches können Kinder daheim lernen, manches nicht. Eines zum Beispiel werden meine Kinder bei mir nicht lernen: Demokratie. Denn ich bin der Monarch und ich habe das Sagen. Obwohl ich mich manchmal schon frage, wer der König ist (und das nicht nur, weil der kleine Autofanatiker gestern mit mir Krippenspiel nachspielen wollte, wobei er einer der Könige war und ich das Kamel...).