Dienstag, 28. September 2010

Schule im 21.Jahrhundert

Selbstverständlich hat sich seit den Tagen, als ich die Schule besuchte, so einiges geändert. Heute sind natürlich alle Klassenzimmer mit Computern ausgestattet. Wo es früher eine grüne Tafel gab, auf der man mit Kreide schreiben konnte (und wo gemeine Klassenkameraden mit den Brotbüchsen so herrlich quietschen konnten, dass ich beim Gedanken daran noch heute Gänsehaut bekomme), gibt es heute eine große Leinwand, die über den angeschlossenen Computer beschrieben wird. Powerpointpräsentationen in der Grundschule? Oh ja.

Und dann wäre da die Art, wie die Schule mit den Eltern kommuniziert. Früher gab es Briefchen mit nach Hause oder man hat sogar, das sollte man sich einmal vorstellen, miteinander gesprochen. Heute gibt es E-Mails. Als ich der Schule meine E-Mail-Adresse mitteilte und damit meine Einwilligung gab, den Newsletter der Schule zugemailt zu bekommen, ahnte ich noch nicht, welche Flut mich da ereilen würde. An den meisten Tagen sind es zwei bis drei Mails, die da in meiner Inbox landen. Und was bekommt man da alles für Sachen mitgeteilt. Die Informationspalette ist breit:

- wir haben Läuse (igitt, zum Glück konnte ich bis jetzt noch keine Kratzaktivitäten auf den Köpfen der Kinder feststellen);
- bitte sprechen Sie nicht mit den Kindern, wenn diese auf dem Pausenhof sind (der am Fußweg liegt), auch wenn Sie die Kinder kennen (????????????? Heißt das, falls ich da also zufällig mein eigenes Kind sehe, muss ich so tun, als würde ich es nicht kennen? Zwischen 9 und 15 Uhr ist es nicht mein Kind? Den Kindern beizubringen, nicht mit Fremden mitzugehen ist ja eine Sache, aber dabei sollte man doch bitte nicht den gesunden Menschenverstand vergessen!);
- erwartungsgemäß gibt es auch Hinweise zum korrekten Tragen der Schuluniform;
- und sogar Hausaufgaben bekommt man per E-Mail mitgeteilt!

Gern würde ich noch weiter berichten, aber gerade bekomme ich wieder eine E-Mail von der Schule. Da muss ich gleich mal lesen, was es Wichtiges mitzuteilen gibt. Vielleicht noch mehr Hausaufgaben für die Eltern.

Dienstag, 21. September 2010

Im Nanny-Staat

Heute muss ich mal Dampf ablassen. Kürzlich erzählte mir eine bekannte Mutter die folgende Geschichte: ihr einjähriger Sohn war die Treppe heruntergefallen. Voller Sorge und Schuldgefühle raste sie daraufhin in die Notaufnahme des nächsten Krankenhauses. Das Kind wurde gründlich untersucht und es wurde festgestellt, dass es sich bei dem Sturz nicht verletzt hatte. Ende der Geschichte? Oh nein. Einige Wochen später bekam die Mutter einen Anruf vom health visitor, eine Art Krankenschwester/Hebamme/Fürsorgerin, die hier Aufgaben übernehmen, für die man in Deutschland wahrscheinlich zum Kinderarzt geht, wie zum Beispiel Ernährungsfragen mit den Müttern diskutieren. Die gute Frau jedenfalls erklärte der jungen Mutter im Zusammenhang mit dem Treppensturz, dass sie ja wohl wissen müsste, dass sich kleine Kinder bewegen und dieses Mal würde man sie wohl noch nicht ans Jugendamt weiterleiten. Aber hallo??? Natürlich will ich nicht in Frage stellen, dass es wichtig und richtig ist, dass das Kindeswohl geschützt wird und dass Verdachtsmomenten zur Kindesmisshandlung nachgegangen wird. Aber doch wohl nicht ein einmaliger Unfall, der eine besorgte Mutter ins Krankenhaus getrieben hat?

Ich weiß nicht, ob das in Deutschland anders ist, aber zuweilen hat man hier den Eindruck, dass jeder, der etwas mit Kindern zu tun hat, von vornherein als Verdächtiger behandelt wird, inklusive der eigenen Eltern. Nicht umsonst wird die englische Verwaltung auch gern als der Nanny-Staat bezeichnet, weil man versucht, jeden Teil des Lebens zu kontrollieren. Besonders bei Kindern wird diese Hysterie ausgelebt und oft genug der gesunde Menschenverstand ausgeschaltet. So müssen zum Beispiel seit dem vergangenen Jahr alle Erwachsenen, die irgendwann etwas mit Kindern zu tun haben, sei es eine Buchlesung in einer Schule, sei es als Verantwortliche in einer Spielgruppe, eine Art polizeiliches Führungszeugnis vorweisen. Gibt es in England mehr Wölfe in Schafspelzen als anderswo? Ich bezweifle das.

Kürzlich ging die Geschichte von einem Ehepaar durch die Medien (interessanterweise war einer der beiden deutsch), die ihre zwei Kinder (8 und 5 Jahre) allein mit dem Fahrrad in die Schule schickten, weil sie der Meinung waren, dass ihre Kinder genügend Verantwortungsbewusstsein besaßen. Das Jugendamt wurde eingeschaltet, denn offensichtlich durfte diese Entscheidung nicht von den Eltern getroffen werden und die Kinder müssen nun auf Anordnung in die Schule begleitet werden.

Die skurrilsten Geschichten kursieren auch in Mütterkreisen von Lehrern, die die Kinder unter keinen Umständen anfassen dürfen und daher lieber riskieren, dass sich Grundschüler in Gefahr begeben, um dann mit ihnen darüber zu diskutieren, da sie ja nicht mit körperlichen Aktionen (das heißt, das Kind am Ärmel festzuhalten, bevor es aus dem Fenster springt) eingreifen dürfen. Mir ist zwar versichert worden, dass es in der Realität nicht ganz so schlimm ist, aber zur letzten Impfung mit sich heftig wehrendem Autofanatiker, erklärte mir die Krankenschwester auch sofort, dass sie ihn auf keinen Fall anfassen dürfte.

Und die Moral, die man aus der Geschichte mit dem Treppensturz ziehen kann? Lieber beim nächsten Mal nicht ins Krankenhaus gehen, um sicherzustellen, dass dem Kind auch wirklich nichts passiert ist. Und das kann ja wohl nicht sein.

Dienstag, 14. September 2010

Mamas erster Schultag

Am vergangenen Donnerstag hatte der kleine Autofanatiker also endlich seinen ersten Schultag. Und wie toll war der erste Schultag. Obwohl er am Vormittag noch ungefähr 50 Mal verkündet hatte: "Eigentlich will ich jetzt doch lieber nicht in die Schule gehen.", marschierte er am Nachmittag dann ganz zufrieden in sein Klassenzimmer ohne sich noch einmal umzudrehen. Auch am zweiten Tag ging es ganz fröhlich in die Schule und kam drei Stunden später ebenso zufrieden wieder heraus. Es war also so erfolgreich, dass ich mich schon fragte, wer dieses Kind sei und was es mit meinem schüchternen kleinen Autofanatiker gemacht habe.

Sehr schön. Für das Kind. Und natürlich geht es bei der Einschulung ja um die Kinder. Aber ich möchte doch jetzt auch mal einige Gedanken an die Mütter verwenden. Schließlich beginnt auch für die Mamas ein neuer Lebensabschnitt. Und ich meine jetzt mal nicht nur in der Hinsicht, dass nun das Baby von einst in die Schule geht, man einem neuen Rhythmus unterworfen ist, der einen zwingt, täglich püntklich am Schultor zu sein und darauf zu achten, dass die Schuluniform sauber und ordentlich sitzt. Nein, ich meine vielmehr, dass auch die Mütter wie in einer neuen Klasse starten. Nicht nur im Klassenzimmer formen sich neue Beziehungen. Auch vor der Schule stehen die Mamas und formen neue Beziehungen. Hier und da kennen sich schon einige Mütter. Hier und da wird sich freundlich angelächelt. Hier und da kommt es schon zu Cliquenbildung. Hier und da kristallisiert sich schon heraus, mit wem man gut auskommen wird und wen man beim täglichen Bringen und Abholen vielleicht eher ignorieren wird (oder von wem man ignoriert wird). "Möchtest du gern meine Freundin sein?", möchte ich fast sagen. Und ich versuche mich zu erinnern, wie ich als Schulmädchen Freundschaften geschlossen habe. Lang, lang ist's her.

Und dann wäre da noch der Schulweg. Zehn Minuten Fußweg auf dem man unweigerlich andere Mütter trifft, denn die meisten Kinder wohnen in naher Nachbarschaft. Bei wem sollte man halten, bei wem darf man gemeinsam den Weg fortsetzen, wen darf man einfach überholen? Auch das Kind unserer direkten Nachbarn geht in die Parallelklasse. Heißt das, wir müssen jetzt gemeinsam jeden Schulweg zurücklegen?
Die Kinder bekommen viel Hilfe bei der Eingewöhnung in der Schule und beim Freunde finden unter ihren neuen Klassenkameraden. Und wer hilft den Mamas? Eigentlich hätte ich auch gern jemanden, der mit mir zum Schultor läuft. Also jemanden, der schon so richtig erwachsen ist.

Dienstag, 7. September 2010

Hausbesuch

Jetzt wird es also wirklich langsam ernst. Der Turnbeutel ist schon gepackt. Die Schuluniform mit Namen liegt bereit. Nun gut, ich gebe es zu: nach den ersten fünf Hosen, in die ich noch ganz geduldig die Namensbänder einnähte, hatte ich keine Lust mehr und schrieb dann in die restlichen Sachen nur noch mit Textilstift den Namen. Angeblich machen das nur die GANZ faulen Mütter, aber sei es drum. Da lebe ich lieber mit dem Ruf einer faulen Mutter als mit wunden Fingern vom vielen Nähen.

Am vergangenen Freitag stand dann der Hausbesuch der Lehrerin und des Assistenten an. Als ich drei Freundinnen, die noch keine Kinder im schulpflichtigen Alter haben, im Vorfeld davon erzählte, meinten diese ganz entsetzt: "Kommen die da etwa, um das Haus zu inspizieren??" Und auf mein nicht ernst gemeintes, aber sehr ernst genommenes "Na klar.", meinten sie noch entsetzter: "Die wollen sich da das ganze Haus angucken, mit Schlafzimmern und allem????????"

Nein, nein, ganz so war es nicht. Und obwohl ich mich vorher noch mit unserer Nachbarin, bei der dieser Besuch tags zuvor stattfand, über das Ausmaß der vorausgehenden Reinigungsarbeiten ausgetauscht hatte (bei ihr: tagelanges Putzen; bei mir: ähm, tagelanges Putzen, ja sicher, ähm, hatte ich mir zumindest vorgenommen, aber dann kamen irgendwie doch wieder andere Sachen dazwischen, dem Ruf der faulen Mutter werde ich wohl nicht entgehen können..), sahen die beiden am Ende nur das Wohnzimmer und das hatte ich zumindest noch vom gröbsten Schmutz befreit.

Ich hatte dem Hausbesuch mit gemischten Gefühlen entgegengesehen. Aus meiner eigenen Kindheit kann ich mich nur an einen einzigen unangenehmen Lehrerbesuch daheim erinnern; wenn ich mich nicht täusche, ging es dabei um meine Nicht-Zugehörigkeit in der kommunistischen Kinderbewegung "Junge Pioniere". Der Besuch am Freitag war jedoch richtig nett und ging sogar ganz ohne Peinlichkeiten von statten (dem Baby, das eigentlich gerade den Töpfchengang trainiert, wurde vorsorglich eine Windel umgemacht, dass es nicht plötzlich mitten im Gespräch aus der Hose plätschern würde). Und mein sonst recht schüchterner kleiner Autofanatiker taute im Verlauf des Gespräches richtig auf.

Leichte Sorge macht mir nur das Ausmaß der Hausaufgaben, die wir bereits vor Schulbeginn zu erledigen haben: mehrere Seiten sollen wir zusammen mit den kleinen Autofanatiker ausmalen, basteln, schreiben und Fotos müssen auch noch mit dabei sein. Geht das jetzt so weiter? Ich habe schließlich einen Ruf als faule Mutter zu verteidigen!