Dienstag, 19. Oktober 2010

Männer, Folge 549

Seit ein paar Wochen habe ich eine neue Leidenschaft: eine Gemüsekiste vom Ökobauern. Jeden Mittwoch kommt ein netter Mann und bringt mir eine Kiste voll mit Gemüse, von dem ich bis jetzt zum Teil allenfalls gehört habe. Mangold zum Beispiel. Das Wörterbuch muss ich fast jede Woche bemühen. Und das Internet, um Rezepte zu finden.

Der große Autofanatiker betrachtet die grüne Invasion des Kühlschrankes mit allergrößter Skepsis. Zum Einen handelt es sich um Gemüse, was ihn schon mal mehr als misstrauisch macht. Und dann auch noch Gemüse vom Ökobauern. Wo man noch den Dreck sehen kann. Das macht ihn noch misstrauischer. Er verdächtigt mich, dass ich ihn zum Vegetarier machen möchte. Dass er durch das Essen von biologisch angebautem Spinat zum politisch korrekten "Ökofritzen" mutiert. Das Feindbild im Macholand, wo man einen Sportwagen fährt (oder zumindest davon träumt) und eine Mahlzeit ohne Fleisch keine Mahlzeit ist. 

Aber darf ich mir Hoffnung machen, dass meine Söhne anders werden? Ach was. Natürlich würde ich meinen Jungs nie Spielzeugwaffen schenken. Doch was ist das neueste Lieblingsspiel des kleinen Autofanatikers? Schießen. Die Gewehre werden einfach aus Legosteinen gebastelt. Und als vor einiger Zeit der große Autofanatiker den kleinen fragte "Machst du das dann auch sauber?" (er hatte mit den Schuhen gegen den Autositz getreten), meinte dieser überzeugt "Nein, die Mama macht das. Frauen sind da zum Saubermachen." (Von wem hat er sowas nur??????)

Sogar das Baby, dass immerhin auch gern mit Puppen spielt, pickt sich schon sehr geschickt den Blumenkohl aus dem Essen, um sich dann das Steak in den Mund zu stecken.

Doch ich gebe nicht auf in meiner Mission, meine Männer zu netten Menschen zu erziehen. Mit Pastinaken gegen Machoallüren!

Dienstag, 12. Oktober 2010

Alle Jahre wieder

Liebe Vertreter des Einzelhandels,

heute möchte ich euch mal einen Brief schicken. Obwohl, eigentlich würde ich euch am Liebsten mal ein paar Kinder für ein paar Tage schicken. Mit denen müsst ihr dann in alle bereits seit einigen Wochen weihnachtlich geschmückten Läden gehen. Und dann könnt IHR denen mal erklären, wann es denn endlich Weihnachten wird.

Nach den Fragen "Wann sind wir endlich da?", "Wie kommen die Babys in den Bauch?" und dem 100. Mal "Warum?" in einer Stunde gehört die Frage "Ist morgen Weihnachten?" (drei Monate zu zeitig) eindeutig in die oberen Zehn der gefürchtetsten Kinderfragen.

Zugegeben, Weihnachten lässt sich natürlich durchaus als Druck- äh Erziehungsmittel einsetzen, aber über mehrere Monate hinweg ist es auch nicht mehr so wirkungsvoll.

Also, gebt einfach Bescheid, wann ihr mal ein paar Shoppingtrips mit ein paar Kindern unternehmen wollt. Und ihr dürft ihnen dabei auf keinen Fall Spielzeug oder kleine Schokoladenweihnachtsmänner kaufen. Dann werden wir ja sehen, ob ihr im nächsten Jahr immer noch ab September die Regale mit Weihnachtssachen vollräumt. Ich bezweifle es.

Es grüßt,

eine leicht genervte Mutter

Dienstag, 5. Oktober 2010

Spieglein, Spieglein an der Wand

Gestern stand vor der Schule ein Auto mit offener Motorhaube. Darübergebeugt war eine Frau, die ganz fachmännisch ein Kabel in der Hand hielt. Das allein wäre ja schon ein relativ ungewohnter Anblick gewesen. Noch ungewöhnlicher wurde der jedoch durch die Tatsache, dass die Frau auch noch einen langen Rock und ein Kopftuch trug. Ich musste fast ein bisschen lächeln, weil es so gar nicht mit dem Klischee zusammenpasst, was man im Allgemeinen, und natürlich auch sehr durch die Medien vermittelt, von Muslimas hat.

Ach ja, Klischees. Keiner kann sich ihnen entziehen und oft ist ja auch ein Körnchen oder viele Körner Wahrheit enthalten. Aber manchmal fragt man sich schon, was das soll. Wenn mir zum Beispiel Engländer ein Kompliment machen wollen und sagen, ich sei ja so nett und so gar nicht "deutsch". Dann möchte ich am Liebsten sagen, sie sollten vielleicht mal ihr Klischee von den Deutschen der Realität anpassen, Humor ist durchaus auch in Deutschland bekannt und die Nazis gibt es hauptsächlich im britischen Fernsehen und nicht so sehr in Deutschland (habe ich aber natürlich in Wirklichkeit noch nie gesagt, denn ich bin ja so nett).

Und dann wäre da das Klischee der Mamas. Spieglein, Spieglein an der Wand, wer schaut mir da entgegen? Sehen mich Leute, die mich erst als Mutter kennengelernt haben, als eine typische Mama? Oder schlimmer noch: als eine MUTTI?? Die Merkmale sind ja durchaus da:
- ich könnte ständig über meine Kinder sprechen, über Schulen, Babykurse, Windeln etc, von dem, was sonst noch so in der Welt passiert, habe ich nur schleierhaft eine Ahnung,
- die Miniröcke wurden gegen praktische Kleidung eingetauscht,
- ich koche und backe für meine Lieben und bügle mittlerweile sogar T-Shirts für den kleinen Autofanatiker,
- ich benutze keine Schimpwörter mehr, spreche auch noch in Kindersprache, wenn die Kinder im Bett sind und ertappe mich öfter dabei, wie ich zum nörgelnden Erziehungsmonstrum mutiere ("Könnt ihr jetzt endlich mal das Zimmer aufräumen!")

Wenn ich in den Spiegel sehe, dann sehe ich zwar nicht unbedingt eine Mama, aber man kann mit schlimmeren Klischees assoziiert werden (schließlich gibt es auch noch positivere Merkmale, als die hier aufgezählten) und eine Mutter bin ich gern. Nur ab und zu tut es gut, auch mal aus dem Klischee auszubrechen und etwas Untypisches zu tun. Nur von dem Motorhauben halte ich mich fern. Da entspreche ich leider total dem Klischee der Frauen, die keine Ahnung von Autos haben (aber wozu lebt man mit zwei Autofanatikern).