Dienstag, 28. Juni 2011

Dicker Bauch

Ich wohne zwar auf dem Land und meine hauptsächlichen sozialen Kontakte sind mit einem Fünf- und einem fast Dreijährigen, aber nicht zuletzt dank des "Style"-Magazins der Sunday Times weiß ich trotzdem, was vom Aussehen einer Frau erwartet wird. Und erwartet wird viel. Ein Leben lang. Durfte man sich früher im etwas höheren Alter für die Bequemlichkeit in der Kleidung entscheiden und den Körperhaaren ihren natürlichen Wuchs lassen, so gelten heute die 60-er als die neuen 40-er und der Eintritt ins Rentenalter ist kein Entschuldigungsgrund für Achselbehaarung oder Hängebauch.

Bis es bei mir soweit ist, dauert es zwar noch einige Jahre, aber mich beschäftigt im Moment eine andere Zeit im Leben einer Frau, die bis vor einigen Jahren mit Vernachlässigung der eigenen Figur verbunden werden durfte. Aber nicht mehr. Die Stars machen es vor und frau darf es dann nachmachen. Besonders in England, wo man ein enges Verhältnis zu den Stars, Sternchen und anderen Größen der Medienwelt hat. Aus meinen Bürozeiten weiß ich, dass man sich über VIPs so unterhält, als wären es nahestehende Freunde der Familie.

Und wenn diese "nahestehenden Freunde" wenige Wochen nach der Geburt wieder in ihre Vorschwangerschaftssachen passen, dann kann das schon einen Druck auf junge Mütter ausüben. Daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt und man kann sich diesem Druck aussetzen oder nicht. In meiner nun dritten Schwangerschaft fällt mir aber jetzt doch noch eine neue Entwicklung auf: War es früher in Ordnung, in der Schwangerschaft "für zwei" zu essen, den auswallenden Körper unter großen Sackkleidern zu verstecken und sich einfach mal gar nicht um die eigene Figur zu kümmern, weil man ja ohnehin dick ist, so gilt die Zeit der Schwangerschaft heute nicht mehr als Ausnahmezustand.

Bis zu einem gewissen Grad kann ich das ja nachvollziehen. Zu keinem anderen Zeitpunkt ist eine gesunde Ernährung so wichtig, wie in einer Schwangerschaft, schließlich ernährt man nicht nur sich selbst sondern auch noch ein kleines Wesen, das völlig von den Sachen abhängig ist, die Mama in sich hineinstopft. Aber muss man dem Kult um den schlanken Körper auch noch in der Schwangerschaft nachgehen? Ständig sagen mir Leute, wie schlank ich doch noch sei und es sei kaum zu glauben, dass ich bereits zwei Drittel der Schwangerschaft hinter mich gebracht hätte. Mir kommt das so vor, als dürfte man heute nicht mal mehr einer Schwangeren sagen "Mensch, du bist aber dick." Ganz normal finde ich das nicht. Und halte es da lieber mal mit meinen Söhnen, die den Bauch ihres Papas als Ausdruck von Mannesstärke ansehen (aber nur mal ausnahmsweise, schließlich schimpfe ich sonst immer über den Bierbauch).  

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