Ich weiß nicht, wie Ihr das gelernt habt, aber ich habe noch in der Schule beigebracht bekommen, dass die korrekte Antwort auf die Frage "How do you do?" ebenfalls "How do you do?" ist. Ich habe das zwar im richtigen England noch nie tatsächlich erlebt (vielleicht grüßt man sich so in Kreisen, in denen ich nicht verkehre), aber es sagt doch etwas Typisches über mein Gastgeberland aus: Höflichkeit steht über Ehrlichkeit. Das klingt jetzt vielleicht etwas negativ. Es hat aber auch eine positive Seite: Ein Engländer kann gerade das linke Bein verloren haben, er würde trotzdem noch auf die Frage nach seinem Wohlbefinden antworten "Ach ja, danke, ganz gut. Wie wäre es mit einer Tasse Tee?" Natürlich erwarte ich auch in Deutschland keinen ausführlichen Bericht, wenn ich jemandem als Begrüßung ein "Na, wie geht's?" zurufe, aber ich denke mal, dass man da schon eher antworten würde "Im Moment leider nicht so gut.", wenn man eben ein Körperteil verloren oder andere Missstände zu beklagen hätte.
Gestern konnte ich mich davon überzeugen, dass dieser nationale Charakterzug bereits von Dreijährigen verinnerlicht ist. Der kleine Autofanatiker und der lustig Mann haben nämlich seit Kurzem Schwimmunterricht. Gestern war die zweite Stunde. Ein kleiner Junge weinte und schrie die gesamten 30 Minuten, wenn er dem Wasser nur mit den Füßen nahe kam. Am Ende fragte der Schwimmlehrer alle Kinder, ob es ihnen Spaß gemacht habe. Der kleine Junge antwortete mit verquollenen Augen "Ja, sicher".
Mein halbdeutscher lustig Mann antwortete wesentlich ehrlicher "Och, eigentlich nicht so viel", obwohl er kein einziges Mal geweint hatte (direkt freudig hatte er allerdings auch nicht teilgenommen).
Montag, 24. September 2012
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