Dienstag, 24. August 2010

Alles doof wie immer

Kürzlich las ich, dass die neueste Mode in England, die natürlich aus Amerika kommt, sogenannte Cringe-Parties sind. Bei solcherart dem Wort nach also extrem peinlichen Veranstaltungen bringt jeder sein altes Tagebuch mit und gibt dann vor der versammelten Partygesellschaft Auszüge aus demselben zum Besten. Angeblich soll das to-tal viel Spaß machen.

Da meine Abende voll wilder Parties heutzutage begrenzt sind und ich bei meinem letzten Besuch daheim vor wenigen Wochen mein altes Tagebuch fand, dachte ich, ich feiere hier eine kleine private Cringe-Party und veröffentliche ein paar Eindrücke aus meinem beachtlichen Frühwerk:

4.Januar 1988 (einige Wochen vor meinem 11.Geburtstag): Schule wieder angefangen, super doof.
5. Januar: Schule super doof. Ich wünsche mir das Buch "Anna".
6. Januar: Schule super doof, keine Klavierstunde. Ich bin krank.
7. Januar: Immer noch krank. Nicht gut geschlafen.
8. Januar: Immer noch krank. Derrick angeguckt, sehr schön.

Offensichtlich zeigte sich schon früh mein Talent, meine Gefühle in eloquenter Art und Weise auszudrücken. Die Einträge der nächsten Tage sind weiterer eindeutiger Beweis dafür:
11. Januar: Live aus dem Schlachthof mit Günther Jauch angeguckt, Silvia Seidel war dabei, wunderschön. Immer noch krank, aber ich muss morgen wahrscheinlich wieder in die Schule.
12. Januar: Wieder gesund. Schule doof wie immer. Alf angeguckt, ganz lustig.

Schließlich am nächsten Tag, das Drama schlägt zu:
13. Januar: Hitparade 19.30 Uhr, wir hatten kein Bild im ZDF! Schule und Klavierstunde doof wie immer.

Und so vergingen die Monate des Jahres 1988. Nach einigen Wochen hatte ich offensichtlich die Lust verloren und es gibt längere Pausen. Am 10.April heißt es dann: "Heute will ich dir endlich mal wieder schreiben. Gestern abend habe ich Eiskunstlaufen gesehen, als ich dann umgestellt habe, kam gerade Silvia Seidel. Von Ina habe ich jetzt einige Bravos geborgt bekommen. In vielen waren Silvia Seiden und Patrick Back. Super!" Und gerade wenn man denkt, jetzt ist alles toll, kommt der überraschende Schluss dieses Eintrags "Es war ein doofer Nachmittag. Tschüß Deine Julia"

Im Mai schließlich werden die Einträge etwas reflektierter:
19.Mai: Ich lebe im 6.Himmel. Klavierstunde und Schule machen einen fertig.
20.Mai: Ich intterresiere mich jetzt mehr für Pflanzen. (Bitte????? Wenn ich mir unseren Garten angucke, scheint das Interesse an der Pflanzenwelt leider nur kurz angehalten zu haben).

Und damit endet mein Tagebuch für 1988. In diesem Sinne, allen eine schöne Woche so doof wie immer.

2 Kommentare:

  1. Aber es muss auch schöne Momente in Deinem jungen Leben gegeben haben, immerhin gehörte Dir irgendwann das Buch "Anna"!

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